Wim Wenders erhält Ehrenpreis des Deutschen dokumentarfilmpreises 2023

Wim Wenders: „Deswegen liebe ich Dokumentarfilme!“

Volker Schlöndorff ist neben Wim Wenders und Werner Herzog einer der bekanntesten und international erfolgreichste Filmregisseure der Generation des Neuen Deutschen Films. Am 30. Juni 2023 hielt er die Laudatio auf Wim Wenders im Rahmen der Preisverleihung des Deutschen Dokumentarfilmpreises. Diese war zugleich der feierliche Abschluss des SWR Doku Festivals 2023 in Stuttgart. „Das Leben zu suchen, zu betrachten und möglichst unverfälscht wiederzugeben, ist Wim Wenders‘ große Stärke“, betonte Schlöndorff in seiner von Herzen kommenden Rede, die auch auf die Bezugspunkte zwischen Wenders‘ Spiel- und Dokumentarfilmen einging. „Wenn Wim filmt, ist alles einfach Kino!“

Volker Schlöndorff hält Laudatio auf Wim Wenders beim Deutschen dokumentarfilmpreis 2023
Laudator Volker Schlöndorff ©SWR/Patricia Neligan
Wim Wenders und Kai Gniffke beim Deutschen dokumentarfilmpreis 2023
Neben Ehrenpreisträger Wim Wenders rechts Kai Gniffke, Vorsitzender der ARD ©SWR/Patricia Neligan

„Ich stehe da und ich weiß nichts.“

Wim Wenders eröffnete im Gloria Kino Stuttgart mit einer Analogie: „Ich weiß nicht, worüber ich reden werde. Das entspricht der Situation des Dokumentarfilmers am ersten Drehtag […] Weder, als ich dem Papst gegenübergesessen bin, noch in Havanna, noch als wir Pina angefangen haben, wusste ich, was das Film von mir will und wie er erzählt werden möchte.“

Wim Wenders beim Deutschen Dokumentarfilmpreis
Wim Wenders beim Deutschen Dokumentarfilmpreis ©SWR/Patricia Neligan

„Welche Sprache spricht der Dokumentarfilm?“

Anders als fiktionale Formate wie Liebes- oder Horrorfilme sei der Dokumentarfilm nämlich kein Genre, das mit einem festen Vokabular, einer fixen Grammatik und einer Form einhergehe: „Der Dokumentarfilm hat keine Sprache a priori. Vielleicht eine Intention.“ Die große Herausforderung für Filmschaffende bestehe entsprechend darin, diese zu erkennen. Die Ausdrucksform müsse dem Sujet und den Protagonist:innen immer wieder aufs Neue angepasst werden.

Darauf könne man sich nicht im Vorfeld eines Projektes vorbereiten, so Wenders: „Jeder Dokumentarfilmer muss seinen eigenen Weg finden, diese Sprache zu decodieren. Das gibt es im Spielfilm nicht, da dessen Form schon da ist. Man kann sie nur ein wenig variieren, aber nicht neu erfinden. Deswegen liebe ich Dokumentarfilme.“

„Wir werden zu der Sache, um die es geht.“

Da die Form im Sujet begründet sei, müsse man sich zudem selbst als Filmschaffender zurücknehmen. „Je mehr ich es als Dokumentarfilmer schaffe, mich zu vergessen und mich auf die Sache und Person einzulassen, umso mehr weiß ich, was zu tun ist.“ Das Publikum könne schließlich nur dann in eine andere Welt eintauchen, wenn es zuvor auch der oder die Dokumentarfilmschaffende getan habe. „Wir werden dann zu der Sache, um die es geht. Das ist in der Filmgeschichte einzigartig!“

Deutscher_Dokumentarfilmpreis
Publikum bei der Preisverleihung des Deutschen Dokumentarfilmpreises im Gloria Kino Stuttgart ©SWR/Patricia Neligan

Ferner ausgezeichnet wurden:

  • Lea Najjar für „Kash Kash“ sowie Mila Teshaieva und Marcus Lenz für „When Spring Came To Bucha“ mit dem 2023 geteilten Hauptpreis
  • Ole Jacobs und Arne Büttner für ihr Langfilmdebüt „Nasim“ mit dem HDF-Förderpreis
  • Lutz Pehnert für seinen Film „Bettina“ mit dem Musikpreis des SWR
  • Kristof Gerega für „Generation Euromaidan“ mit dem Publikumspreis der SWR Landesschau, gestiftet von der LFK und der MFG
    (noch bis 14.11.23 in der Mediathek verfügbar)
 
Die Aufzeichnung der Preisverleihung ist ab 5. Juli 2023 auf der Website des SWR Doku Festival abrufbar.
image_pdfAls PDF speichernimage_printDrucken
Picture of Maggie Schnaudt
Maggie Schnaudt ist Masterstudentin und steuert regelmäßig Artikel wie Nachberichte zur DOK Premiere zu dokumentarfilm.info bei. Außerdem unterstützt sie HDF-Veranstaltungen wie den Roman Brodmann Preis oder DOKVILLE.
Facebook
Twitter