In Kooperation mit dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg zeigt das Haus des Dokumentarfilms eine Arte-Dokumentation über die Akteure der Kollaboration des französischen Vichy-Regimes mit dem Deutschen Reich.
Die Freundschaft von Otto Abetz und Fernand de Brinon
Luxus und Terror, Verführung und Gewalt. In Paris könnten die Jahre von 1940 bis 1944 kaum widersprüchlicher sein. In der Deutschen Botschaft treffen sich, umgeben von eleganten Damen, hochrangige Politiker und Militärs beider Nationen sowie eine deutsch-französische Kulturelite. Botschafter Otto Abetz macht seinen vornehmen Amtssitz in der Rue de Lille zum Zentrum des politischen und gesellschaftlichen Lebens. Zumindest für diejenigen, die sich eine faschistische Zukunft in einem vom NS-Staat dominierten Europa vorstellen – oder glauben, davon profitieren zu können.
Das französische Pendant zu Otto Abetz ist Fernand de Brinon, der Vertreter des Vichy-Regimes in Paris. Verheiratet ist Brinon mit einer Jüdin, tätig als Journalist. Er war der erste Franzose, der Hitler 1933 für eine französische Zeitung interviewen durfte und bewundert dessen Macht. Otto Abetz ist frankophil und mit einer Französin verheiratet.

Schon Jahre vor dem Krieg hat er in verschiedenen französischen Kreisen im Auftrag von Joachim von Ribbentrop für die Ziele der Nazis geworben. Abetz und Brinon verbindet eine Männerfreundschaft, getragen von der Vision einer deutsch-französischen Allianz unter NS-Vorzeichen.
Leben wie Gott in Frankreich
Zu den französischen Gästen der Empfänge im besetzten Paris gehören der Schriftsteller Jean Cocteau, die Modeschöpferin Coco Chanel, die Schauspielerin Arletty und der Antisemit und Schriftsteller Louis-Ferdinand Céline. Die NS-Kulturelite wird u. a. durch Hitlers Lieblingskünstler Arno Breker, den Literaten Ernst Jünger, den Regisseur Heinrich George und den Dirigenten Herbert von Karajan vertreten. Wo diese Herrschaften eingeladen sind, fließt der Champagner, werden edle Speisen gereicht, gibt es keinen Mangel. Die Pariser Bevölkerung leidet derweil unter der Rationierung von Lebensmitteln, von Heizkohle und anderer wichtiger Güter. Frankreich muss die Kosten der Besatzung selbst aufbringen und zahlt dem Deutschen Reich anfänglich 20 Millionen Reichsmark täglich, später noch mehr.
Neben der Männerfreundschaft Abetz und Brinon stellen die Filmemacher Pierre-Olivier François und Jean-Marc Dreyfus den französischen Kollaborationspolitiker Pierre Laval und dessen Tochter Josée in den Fokus ihrer Dokumentation. Die Tagebücher von Josée de Chambrun halten fest, womit die kollaborierende Bourgeoisie ihre Zeit verbringt: Pferderennen, Besuche in Theater und Oper, Ausflüge, Abendgesellschaften, Einkäufe in den Modeabteilungen der Warenhäuser.
Schuld und Verbrechen
Gleichzeitig unterstützen und organisieren Otto Abetz und Fernand de Brinon gemeinsam die dunklen Seiten der Besatzung: Repressalien, Zwangsarbeit, Geiselerschießungen, Razzien, Judenstatute, Kunstraub und ab 1942 die Deportation der französischen Juden. Was Pierre Laval als wichtigsten Entscheidungsträger des Vichy-Regimes anbelangt, tut er alles, um das Besatzungsregime zufriedenzustellen. Er ruft die Franzosen auf, sich freiwillig zum Arbeitsdienst in der deutschen Industrie zu melden. Die massenhafte Deportation von französischen Juden und Jüdinnen in die NS-Vernichtungslager im Osten wird er nicht verhindern.
Nach der Befreiung wird Laval 1945 wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Auch Brinon wird 1947 hingerichtet. Otto Abetz wird 1949 zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, doch schon 1954 vorzeitig entlassen.