Im Mai 2025 laufen vom 01.05. – 15.05 zehn Dokumentarfilme im Kino an. Mit dabei sind NACHMITTAGE DER EINSAMKEIT, I AM THE RIVER, THE RIVER IS ME, PROVISORIUM, BJÖRK: CORNUCOPIA, OZEAN MIT DAVID ATTENBOROUGH, AN HOUR FROM THE MIDDLE OF NOWHERE, BARBARA MORGENSTERN UND DIE LIEBE ZUR SACHE, DER DRITTE BRUDER, EINFACH MACHEN! SHE-PUNKS VON 1977 BIS HEUTE und WO/MEN.
Regie: Albert Serra
Kinostart: 1.5.25
„Die Kostüme der Stierkämpfer sind wunderschön, aber mit Blut befleckt, sind sie noch viel schöner“, sagt der Regisseur Albert Serra in einem Interview über seinen Film. Ein Satz so maßlos wie arrogant in seiner selbstbespiegelnden und eitlen Intellektualität, die für eine ‚ästhetische‘ Schimäre den Tod einer Kreatur ausblendet und missachtet. Der Matador Andrés Roca Rey gilt als Star unter den Stierkämpfern. Serras Film ist ein Exercitium in Grausamkeit. Radikal in der Reduktion der Mittel, desto brutaler in der Wirkung. Serra will nicht anklagen. Doch erliegt er – bei aller nüchternen Distanzierung – doch der blutigen Magie des Stierkampfs. Mitleidlos jener Moment, wenn das Licht im Auge des geschundenen Tiers bricht.
Credits: „Nachmittage der Einsamkeit“. Dokumentarfilm von Albert Serra. Drehbuch: Albert Serra. Kamera: Artur Tort. Schnitt: Albert Serra und Artur Tort. Eine Produktion von Tardes de Soledad AIE, Andergraun Films, LaCima Producciones, LaCima Entertainment in Koproduktion mit Idéale Audience Group, Arte France Cinéma und Rosa Filmes. Im Verleih bei Filmgalerie 451.
Regie: Kathrin Jahrreiß
Kinostart: 1.5.25
Ein Mann und eine Frau streifen über einen Friedhof. Sie sind auf der Suche nach einem Grab. Sie zweifelt am Weg, er besteht darauf, er wisse genau, wo die Grabstelle ist. Vater und Tochter. Sie ist die Regisseurin des Films: Kathrin Jahrreiß. Der Mann ihr Vater. Sie hat ihn zu dieser Erkundung überredet. Er wirkt mürrisch. Nicht abweisend, doch irgendwie zweifelnd an dieser Unternehmung. Sie ist die treibende Person. Sie will herausfinden, wer ihr Großvater Otto Jahrreiß war. Fassungslos steht sie schließlich vor dem Grab, der Stein ist entfernt, die Grabstelle war abgelaufen. Der Vater hatte ihr davon nichts gesagt. Doch, er habe. Er sei, so sagt er, „weder mit Herkunft noch mit Heimat verbunden“. Was hat er hinter sich gelassen? Woran mag er sich nicht erinnern? Obwohl er etwas weiß. In den Gesprächen zwischen ihnen wird zunehmend klar, sie ist weniger auf der Suche nach dem Vater ihres Vaters, sondern nach dessen Mutter. Diese ist wie ausgeblendet aus der familiären Erinnerung…
Credits: „Der dritte Bruder“. Dokumentarfilm von Kathrin Jahrreiß. Drehbuch: Kathrin Jahrreiß. Kamera: Marcus Winterbauer. Filmeditor: Nicole Schmeier und Nicole Winterbauer. Eine Produktion von Ester.Reglin.Film. Im Verleih bei Real Fiction Filmverleih.
Regie: Reto Caduff
Kinostart: 1.5.25
Punk überrollt Ende der 1970er Jahre die Welt. Punk – das scheint so einfach, braucht keine musikalische Ausbildung. Rebellion mit Tönen und Worten. Verweigerung und der Wille nach Teilhabe. „Nicht labern, machen!“ ist das Motto. Auch Frauen beginnen im Punk mitzumischen. In Düsseldorf etwa gründen sich ÖSTRO 430, in West-Berlin MANIA D, später MALARIA!, und in Zürich KLEENEX, später LILIPUT. Ihre Vorbilder stammen aus England und heißen X-RAY SPEX, THE SLITS, THE RAINCOATS oder SIOUXSIE SIOUX. Ihre Songs persiflieren Rollenklischees, prangern Macker- und Spießertum an. Freiräume erobern, auch sexuelle Selbstbestimmung. Zeitgenössische und heutige Interviews, Konzertaufnahmen – der Film mischt Formen, nicht punkig, sondern verharrt in dokumentarischen Traditionen. Zeitreise, Rückblick, Vergegenwärtigung.
Credits: „Einfach machen! She-Punks von 1977 bis heute“. Dokumentarfilm von Reto Caduff. Drehbuch: Christine Franz. Kamera: Roman Schauerte und Stephan Huwyler. Montage & Dramaturgie: Beatrice Babin und Ginés Olivares. Ton: Tom Schön, Reto Stamm, Claudia Mattai del Moro und Sascha Czyczykowski. Line Producerin: Caroline Kirberg. Ausführender Produzent: Gunther Buskies. Producerin: Flora Grolitsch. Redaktion: Jutta Krug (WDR) und Urs Augstburger (SRF). Koproduzentinnen: Katrin Renz und Danielle Giuliani. Produzent:innen: Milena Fessmann und Oliver Huzly. Eine Produktion von Sugar Town Filmproduktion und tellfilm in Koproduktion mit WDR und SRF SRG SSR. Gefördert durch Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Bundesamt für Kultur BAK, Deutscher Filmförderfonds der BKM, Medienboard Berlin-Brandenburg, Zürcher Filmstiftung und Suissimage. Im Verleih von Salzgeber.
Regie: Markus Lenz
Kinostart: 1.5.25
Die FARC ist eine kolumbianische Guerilla-Organisation. Die Abkürzung steht für Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens). Sie wurde 1964 gegründet und legte in einem – inzwischen wieder gebrochenen – Friedensvertrag mit der Regierung 2016/17 die Waffen nieder. Etwa 220.000 Tote, viele von ihnen Zivilist:innen, und Millionen Flüchtlinge – dies die blutig-schonungslose Bilanz des über 50 Jahre währenden Bürgerkriegs. Markus Lenz hat über einen Zeitraum von fünf Jahren zwei ehemalige Kämpferinnen, Vicky und Yulieth, begleitet. Ein Versuch der beiden Frauen, in ein ziviles und zivilisiertes Leben zurückzufinden. Widrigkeiten prägen ihren Weg, Rückschläge, Hoffnungslosigkeit und Zukunftswille. Der Frieden ist brüchig – ein Provisorium wie auch ihr ‚neues‘ Leben.
Credits: „Provisorium“. Dokumentarfilm von Markus Lenz. Drehbuch: Markus Lenz. Eine Produktion von Markus Lenz Filmproduktion. Im Verleih bei Rotzfrech Cinema.
Regie: Ísold Uggadóttir, Lucrecia Martel
Kinostart: 7.5.25
Dokumentation eines Björk-Konzerts in der Altice Arena in Lissabon. Die Show spannt einen Bogen von ihren frühen Alben – „Utopia“ aus dem Jahr 2017 – bis hin zu Songs aus „Vulnicura“ (2015) und „Fossora“ (2023). Eine fulminant inszenierte Bühnenpräsentation – digital animierte Vorhänge muten wie eine Laterna Magica an, driftend zwischen Ästhetiken des 19. und 21. Jahrhunderts. Dazu jene unverwechselbare Stimme zu exaltiert-exotischen Instrumentationen – pendelnd zwischen melancholisch fließenden Schwingungen und kontrolliertem stimmrissigem Chaos.
Credits: „Björk: Cornucopia“. Dokumentarfilm von Ísold Uggadóttir und Lucrecia Martel. Drehbuch: Björk. Eine Produktion von Snowstorm Productions, S101 Films und Level Forward.
Regie: Petr Lom
Kinostart: 8.5.25
Spirituell der Fluss. Und diesen spirituellen Geist will auch der Film in sich tragen und weitergeben. Beschwört Bilder von brüchiger Unzerstörbarkeit. Die Kamera gleitet sacht, ertastet den Urwald, setzt sich sittsam fest auf den Gesichtern der Reisenden. Der Māori-Flusswächter Ned Tapa nimmt Filmemacher:innen und Aktivist:innen mit auf eine Kanufahrt auf dem Whanganui River in Aotearoa, Neuseeland. Der 320 Kilometer lange Fluss ist der erste weltweit, der als juristische Person anerkannt wurde. Für die Māori ist er eine heilige Lebensader, für deren Schutz sie seit über 150 Jahren kämpfen. Die Reisenden teilen Geschichten von Widerstandskraft, Zerstörung und Heilung. Der Film reflektiert über indigene Weisheit, die Verbundenheit allen Lebens und die globale Bewegung für die Rechte der Natur. „Ich empfinde es als meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ich das, was mir gegeben wurde, an andere weitergebe“, so Ned Tapa.
Credits: „I Am The River, The River Is Me“. Dokumentarfilm von Petr Lom. Kamera: Petr Lom. Schnitt: Gys Zevenbergen. Im Verleih bei mindjazz pictures.
Regie: Toby Nowlan, Keith Scholey, Colin Butfield
Kinostart: 8.5.25
Der Ozean – unerschlossen, von kraftvoller Schönheit, von wilder und zerstörerischer Kraft. Regie und Kamer erspüren die Noblesse der Korallenriffe, durchstöbern die dschungeligen Kelpwälder. Unterwasseraufnahmen, die überwältigen, überwältigen wollen. Und die zugleich die unmittelbaren und nicht gelösten Probleme sichtbar machen, mit denen die Ozeane zu kämpfen haben: von Menschen verantwortet. Doch die Botschaft von David Attenborough bleibt optimistisch. Von der Würde des Ozeans überwältigt? Fragen bleiben, denn die paradiesischen, friedvollen Bilder betören und trügen sogleich.
Credits: „Ozean mit David Attenborough“. Dokumentarfilm von Toby Nowlan, Keith Scholey und Colin Butfield. Schnitt: Philippa Edwards. Eine Produktion von Silverback Films, All3Media International und National Geographic Society. Im Verleih bei Piece of Magic Entertainment.
Regie: Ole Elfenkaemper, Kathrin Seward
Kinostart: 15.5.25
Irgendwo im Wald des ländlichen Stewart County im Südwesten von Georgia liegt, wie versteckt, eines der größten Abschiebegefängnisse der Vereinigten Staaten. Bis zu 2.000 Menschen warten hier auf ihren Prozess. Überwiegend ohne juristische Begleitung. Ein juristisch faires Asylverfahren ist in vielen Gebieten der USA schwer zu erhalten, denn die Gefängnisse liegen meistens „An Hour from the Middle of Nowhere“. Asyl- und Migrationsanwält:innen gibt es in dieser Gegend nicht. Nur Marty Rosenbluth, der sein Leben der Verteidigung der Menschenrechte verschrieben hat. Der Film dokumentiert in sanfter und desto dringlicherer Insistenz die Bemühungen des Anwalts, den abgeschobenen Abzuschiebenden Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Ein Appell, die Würde der Menschen zu wahren.
Credits: „An Hour from the Middle of Nowhere“. Dokumentarfilm von Ole Elfenkaemper und Kathrin Seward. Kamera: Ole Elfenkaemper und Kathrin Seward. Schnitt: Ole Elfenkaemper. Eine Produktion von Walnut + Schultz Productions. Im Verleih bei barnsteiner-film.
Regie: Sabine Herpich
Kinostart: 15.5.25
Eine Frau sitzt vor einem Laptop. Die Haare zu einem Zopf gewunden. Finger huschen über die Tastatur, sie gibt einen Rhythmus ein. Die technische Apparatur ist ihr vertraut. Was sie macht, das ist – auf den ersten Blick – Handwerk. Sie ist konzentriert, dabei aber locker. Freut sich. Lacht in sich hinein. Die Kamera verzeichnet all dies aus einer unaufdringlichen Nähe. Aber dass eine Kamera ihr im Nacken sitzt, das weiß die Frau. Wendet sich plötzlich um und spricht die Frau hinter der Kamera an. „Intuitiv merke ich, ich hab‘ das Bedürfnis, Dir zu erklären, was ich mache. Das mache ich jetzt aber nicht.“ Die Erklärung ist nämlich der beobachtete Vorgang…
Credits: „Barbara Morgenstern und die Liebe zur Sache“. Dokumentarfilm von Sabine Herpich. Drehbuch: Sabine Herpich. Kamera: Sabine Herpich. Schnitt: Sabine Herpich. Eine Produktion von Büchner Filmproduktion. Im Verleih bei Salzgeber.
Regie: Kristine Nrecaj, Birthe Templin
Kinostart: 15.5.25
WO/MEN schildert die Erlebnisse von sechs Burrneshas, Frauen, die die Rollen von Männern übernehmen, um patriarchale Normen zu umgehen, sich vor Gewalt zu schützen, Zwangsheiraten zu entkommen oder einfach ihre Freiheit zu erleben. Der Film gewährt uns persönliche Einblicke in ihre Lebensentscheidungen und lässt sie über Themen wie Freiheit, Unterdrückung und den Wunsch nach Selbstbestimmung sprechen. Ihre Erzählungen hinterfragen Geschlechterklischees und machen deutlich, dass das Leben als Frau weltweit oft noch immer als weniger wertvoll betrachtet wird.
Credits: „Wo/men“. Dokumentarfilm von Kristine Nrecaj und Birthe Templin. Drehbuch: Kristine Nrecaj und Birthe Templin. Kamera: Alfred Nrecaj. Schnitt: Evelyn Rack. Eine Produktion von Filmkantine UG in Zusammenarbeit mit YLE Teema. Im Verleih bei missingFILMs.
Regie: Yvonne Pferrer, Jeremy Grube
Kinostart: 15.5.25
Durch die Augen eines Kindes: eine Reise führt Jerry und Yve mit einem Camper quer durch Südamerika. Sie folgen 21 Wegweisern, die zum sagenumwobenen Buch der Hoffnung führen, genannt „Yabadu“. Landschaften und die Begegnung mit Menschen verschmelzen. Sinnbild auch für das, was im „Yabadu“ aufgehoben ist: Wege zur Erkenntnis, dass Hoffnung oft in den kleinsten Momenten verborgen liegt.
Credits: „Yabadu – niemals erwachsen“. Dokumentarfilm von Yvonne Pferrer und Jeremy Grube.
Beiträge zu den Dokus, die im April im Kino angelaufen sind, finden Sie hier: