Filmstill "All the Beauty and the Bloodshed" (Plaion Pictures)

Kino-Tipp: ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED von Laura Poitras

Eine sehr bewegende Auseinandersetzung mit unserem diesjährigen DOKVILLE-Thema Diversity ist der US-amerikanische Dokumentarfilm ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED von Laura Poitras. Seine Premiere hatte das Porträt der Fotografin Nan Goldin 2022 auf dem Filmfestival von Venedig. Auf die Frage, wie und ob sich künstlerische und politische Anliegen miteinander verbinden lassen, gibt der Film eine glasklare Antwort. Seit Ende Mai läuft er in den deutschen Kinos.

Nan Goldin und queere Subkultur

Die Regisseurin vertieft sich in ihrem Porträt nicht in die ikonografischen oder ästhetischen Fragen von Nan Goldins Werk, sondern richtet den Fokus auf deren Biografie. Goldin gehörte lange Zeit marginalisierten Milieus an. Aufgewachsen in einer nach dem Suizid einer Tochter zerbrochenen Familie kam sie als Jugendliche mit Drogen in Berührung, verkehrte in der Schwulen- und Lesbenszene, gründete mit einigen Dragqueens in Boston eine Wohngemeinschaft und zog schließlich 1978 nach New York. Sie fotografierte viele Jahre ausschließlich in der Subkultur, das heißt, ihren Freundeskreis und sich selbst. Ihre Motive erzählen von Drogenkonsum und Abhängigkeit, von Sex und Tabubruch, von Liebe, Verlust und Tod. Was die Katastrophe Aids in den 1980er Jahren in subkulturellen Milieus anrichtete, hat niemand eindringlicher dokumentiert als sie.

Filmstill "All the Beauty and the Bloodshed" (Plaion Pictures)
Filmstill "All the Beauty and the Bloodshed" (Plaion Pictures)

Kampf gegen Purdue und die Sacklers

Der zweite Erzählstrang von ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED folgt dem politischen Kampf, den Goldin führt, nämlich gegen den Pharma-Giganten Purdue und seine Inhaber-Familie Sackler. Sie sind die Profiteure der amerikanischen Opioid-Krise. Auf ihr Konto gehen die Drogensucht von Hundertausenden und der Tod einer halben Million Menschen durch Überdosis. Die Sacklers hatten als Mäzene der Kunst- und Kulturszene weltweit einen hehren Namen. Der von Goldin initiierte Kulturboykott „Shame on Sackler“ hat dem erfolgreich ein Ende gesetzt. Inzwischen lehnen fast alle großen Museen der Welt Fördergelder der Sacklers ab, ihre Namen wurden aus Sammlungen und Galerien entfernt.

ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED – seit 25. Mai 2023 im Kino

Laura Poitras Dokumentarfilm ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED ist sehenswert, weil er zwei so starke wie ermutigende Botschaften transportiert. Erstens: Das Private ist politisch. Zweitens: Am Ende zählt die Tat.

ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED. Dokumentarfilm von Laura Poitras. Produktion: Participant Media und Praxis Films. Im Verleih bei Plaion Pictures.

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Ulrike Becker ist Geschäftsführerin und Programmleiterin im Haus des Dokumentarfilms · Europäisches Medienforum Stuttgart e.V.
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