Das Haus des Dokumentarfilms und das Institut für Medien-und Kommunikationspolitik vergeben 2022 erstmals den Roman Brodmann Preis. Elwira Niewiera und Piotr Rosolowski erhalten den Preis für ihren Film „Das Hamlet-Syndrom“. Herzlichen Glückwunsch!
Der Trailer zu „Das Hamlet-Syndrom“
Der Preisträger: „Das Hamlet-Syndrom“
Mit dem „Hamlet-Syndrom“ gewinnt nach dem Votum der prominent besetzten Vor- und Hauptjury ein Kinodokumentarfilm, der sich mit dem Krieg in der Ukraine auseinandersetzt. Ausgangspunkt sind die Revolution von 2013 und der Krieg von 2014. Schauplatz des Geschehens ist eine Theaterbühne in Kiew. Fünf Frauen und Männer konfrontieren sich in einer Theaterinszenierung mit den teils traumatischen Gewalterfahrungen der ukrainischen „verlorenen Generation“. Die erste Generation, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion geboren wurde und nun in einer Tragödie gefangen ist, deren Ende nicht absehbar ist.
„Was zunächst wie die klassische Dokumentation eines Probenprozesses anmutet“, so die Jury in ihrer Laudatio, „entwickelt sich bald zu einem fesselnden Porträt der von politischen Umbrüchen und Erschütterungen geprägten Generation Maidan. […] Kunst, Politik und Privatleben zeigen sich in diesem Film aufs Engste miteinander verwoben.“
Der Film „Das Hamlet-Syndrom“ von Elwira Niewiera und Piotr Rosolowski kommt wahrscheinlich im Herbst 2022 in die deutschen Kinos. Fernseh-Koproduzenten sind SWR und ARTE, die nach der Kinosperre ausstrahlen werden. Die Redaktion hatte Eva Witte vom SWR.
Das Preisgeld in Höhe von 10.000 € soll laut Statuten des Roman Brodmann Preises der Entwicklung einer neuen Produktion dienen.
Für die erstmalige Vergabe des Roman Brodmann Preises erhielt das Haus des Dokumentarfilms rund 80 Einreichungen. Daraus wählte eine mit namhaften Journalist:innen, Kritiker:innen und Branchenmitgliedern besetzte Vorjury zehn Nominierungen.
Unter den Nominierten sind Kinodokumentarfilme, Fernsehdokumentationen und eine Doku-Serie. Allein sechs der nominierten Produktionen sind in Zusammenarbeit mit Arte und die Mehrheit mit Unterstützung von Förderanstalten und als Koproduktion mehrerer Sender zustande gekommen. „Eine Shortlist, die zeigt, was eine starke Koproduktionslandschaft leisten kann“, fasst Ulrike Becker vom HDF das Fazit der Jury zusammen, „und dazu ein Gesamtbild, das wir als Ausweis des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks sehr begrüßen.“
Die 10 Finalisten im Überblick
Titel in alphabetischer Ordnung | Regisseur:in/Autor:in | Produktionsfirma | Sender |
Colonia Dignidad – Eine deutsche Sekte in Chile | Wilfried Huismann, Annette Baumeister | Looksfilm, Surreal Films | WDR, SWR, Arte, Canal 13, Netflix |
Das Hamlet-Syndrom | Elwira Niewiera, Piotr Rosolowski | Kundschafter Filmproduktion | SWR, Arte, ARD |
Eine deutsche Partei | Simon Brückner | Spicefilm | ZDF/3sat, RBB |
Farben im Schnee – Belarusische Frauen im Widerstand | Juliane Tutein | Filmakademie Baden-Württemberg | SWR, Phoenix |
Hanau – Eine Nacht und ihre Folgen | Marcin Wierzchowski | HR | |
Liebe, D-Mark und Tod (Aşk, Mark ve Ölüm) | Cem Kaya, Mehmet Akif Büyükatalay | Film Five, Filmfaust | WDR, RBB, Arte |
Scheidung um jeden Preis – Dying to Divorce | Chloe Fairweather | Dying to Divorce, Freak Productions, Tigerlily Productions | WDR, Arte |
The Other Side of the River | Antonia Kilian, Gurvara Namer, Arash Asadi | Doppelplussultra Filmproduktion, Pink Shadow Films, Greenlit Productions Oy | |
Verhängnisvolle Versprechen – Das nigerianische Netzwerk | Chiara Sambuchi | DOCDAYS Productions | SWR, Arte, ARD |
Wirecard – Die Milliarden-Lüge | Gabriela Sperl, Benji Bergmann, Jono Bergmann | RBB, Arte, Sky Studios, NDR, SWR, BR |
Sehen Sie hier Ausschnitte aus den Trailern der nominierten Filme:
Zusammensetzung der Vorjury
Die Vorjury tagte am 22. März 2022 und setzte sich aus folgenden Personen zusammen:
• Nicole Ackermann (Produzentin/Verleiherin, Vorstandsvorsitzende WIFT Germany)
• Sigrid Faltin (Autorin und Produzentin White Pepper)
• Nora Frerichmann (Medienjournalistin)
• Goggo Gensch (Filmemacher, Kurator)
• Heike Hupertz (Journalistin)
• Solveig Klaßen (Filmemacherin, Dozentin Kunsthochschule für Medien Köln)
• Julia Lorenz (Journalistin)
• René Martens (Medienjournalist)
• Samir Nasr (Regisseur, Absolvent der Filmakademie Baden-Württemberg)
• Sonia Otto (Producerin Gebrüder Beetz Filmproduktion)
• Holger Schmidt (ARD-Terrorismusexperte; Redaktionsleiter Datenjournalismus SWR)
• Margrit Schreiber-Brunner (Kuratorin, Jurorin)
• Christopher Stöckle (Regisseur, Absolvent Filmakademie Baden-Württemberg)
• Klaudia Wick (Deutsche Kinemathek)
Den Vorsitz der Jury hatte Ulrike Becker, Leiterin Haus des Dokumentarfilms.
Hauptjury und Preisverleihung
Die hochkarätig besetzte Hauptjury hat unter den zehn nominierten Produktionen einen Preisträger zu bestimmen. Das Preisgeld in Höhe von 10.000 € soll der Vorbereitung eines neuen Projekts dienen. Entsprechend seinen Statuten darf der Roman Brodmann Preis nicht geteilt werden. Angesichts der beeindruckenden Shortlist haben die drei Juror:innen also keine leichte Aufgabe. Ihre Entscheidung geben sie am Abend der Preisverleihung (28.04.2022) bekannt. Der Roman Brodmann Preis wird durch Sybille Hanau-Brodmann, Tochter von Roman Brodmann, überreicht. Der prämierte Film wird zum Abschluss des Roman Brodmann Kolloquiums in voller Länge gezeigt.
Mitglieder der Hauptjury sind:
Esther Buss: freie Filmkritikerin, schreibt u. a. für kolikfilm, Jungle World, Der Tagesspiegel und Filmdienst, erhielt 2020 das Siegfried-Kracauer-Stipendium.
Anne Fabini: Editorin, wurde mit dem Deutschen Filmpreises für den Besten Schnitt und dem Preis der Deutschen Filmkritik ausgezeichnet, ist Mitglied der Amerikanischen Filmakademie und international als Story Consultant tätig.
Knut Elstermann: arbeitete als Redakteur bei verschiedenen DDR-Medien, seit der Wende freier Filmkritiker und Moderator vor allem für MDR und RBB, Autor zahlreicher Bücher und Mitglied der Akademie der Darstellenden Künste.
Den Vorsitz der Hauptjury hat Leonard Novy, Direktor Institut für Medien- und Kommunikationspolitik.
Krieg, Zensur und Repressionen gegen Medienschaffende
Als der Roman Brodmann Preis Ende 2021 ausgeschrieben wurde, war die Welt noch eine andere. Seit dem 24. Februar 2022 jedoch steht die Planung für das Roman Brodmann Kolloquium, das die Preisverleihung umrahmt, im Zeichen eines Krieges inmitten Europas. Dieser verursacht unfassbares menschliches Leid; der Verlauf und die Folgen sind unabsehbar. Neben dem Krieg mit Waffen eskaliert der Propagandakrieg: die Flut von gefälschten Videos im Internet, gewaltsame Angriffe auf Journalisten, die über den russischen Angriff auf die Ukraine berichten, Verschärfung von Zensur und Repressionen gegen Medienschaffende und drakonische Strafen auf freie Meinungsäußerung innerhalb Russlands.
Roman Brodmann Kolloquium
Am Vormittag werden wir daher über die Situation in der Ukraine selbst sowie konkrete Unterstützungsmöglichkeiten und Strategien zur Förderung von Medienfreiheit diskutieren. Am Nachmittag beschäftigen wir uns mit den Perspektiven des politischen Dokumentarfilms.
Programm (Stand: 28.4.2022)
11:00-11:05 Uhr
Eröffnung: Ulrike Becker (HDF), Dr. Leonard Novy (IfM)
11:05-11:20 Uhr
Eröffnungsrede: Sasha Filipenko (Schriftsteller)
11:20-11:30 Uhr
Keynote: Patricia Schlesinger (RBB-Intendantin und ARD-Vorsitzende)
11:30-12:45 Uhr
Stimmen aus der Ukraine
In Kooperation mit „Support Filmmakers Ukraine“
U.a. mit Olga Beskhmelnitsyna (Produzentin), Viktoria Leshchenko (Programme Director of Docudays UA),
Tanja Georgieva-Waldhauer (elemag pictures / Support Filmmakers Ukraine)
12:45-13:00 Uhr
Gespräch mit Dr. Tobias Lindner (Staatsminister, Auswärtiges Amt)
13:00-14:00 Uhr
Mittagessen
14:00-14:45 Uhr
Medienfreiheit im Ausnahmezustand
Impuls:
Heike Raab (Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa und Medien, Rheinland-Pfalz)
Dunja Mijatović (Menschenrechtskommissarin des Europarates)
Diskussion:
Eric Friedler (Leiter, Hauptabteilung Dokumentation, SWR)
Christian Mihr (Geschäftsführer, Reporter ohne Grenzen)
Marc Wiese (Journalist und Filmemacher)
Moderation: Astrid Frohloff (Journalistin)
14:45-15:30 Uhr
„Unruhe stiften”: Wie politisch ist der Dokumentarfilm?
Franz Böhm (Regisseur und Produzent)
Antje Boehmert (Executive Producerin, Regisseurin, DOCDAYS Productions))
Cem Kaya (Drehbuchautor, Regisseur)
Jutta Krug (Redaktion Dokumentarfilm WDR)
Canan Turan (Filmwissenschaftlerin und Filmemacherin)
Moderation: Jenni Zylka (Journalistin)
15:30-16:00 Uhr
Kaffeepause
16:00-17:00 Uhr
Zukunft des Politischen Dokumentarfilms – TV vs. Plattformen
David Bernet (Vorsitzender, AG DOK)
Dagmar Biller (Produzentin, TANGRAM Film und Vorstandsvorsitzende der Sektion Dokumentarfilm, Produzentenallianz)
Felix Kempter (Executive Producer, Sky Original Documentaries)
Jana Zündel (Goethe Universität, Frankfurt am Main)
Moderation: Jenni Zylka (Journalistin)
Roman Brodmann Preis
Aus rund 80 Einreichungen wählte eine mit namhaften Journalist:innen, Kritiker:innen und Branchenmitgliedern besetzte Vorjury zehn Nominierungen für den Roman Brodmann Preis 2022 – darunter Kinodokumentarfilme, Fernsehdokumentationen und eine Doku-Serie. Ihre Entscheidung gibt die Hauptjury bestehend aus Esther Buss (Filmkritikerin), Anne Fabini (Editorin) und Knut Elstermann (Filmkritiker und Moderator) am Abend der Preisverleihung bekannt.
Programm (Stand: 28.4.2022)
18:00-18:10 Uhr
Begrüßung Roman Brodmann Preis
18:10-18:30 Uhr
Roman Brodmann-Rede: Roger de Weck (Publizist)
18:30-19:00 Uhr
Preisvergabe, Laudatio der Jury
19:00-20:30 Uhr
Screening Preisträger-Film
20:30-23:00 Uhr
Get Together
Lesen Sie hier unsere Nachberichterstattung zum Roman Brodmann Kolloquium und zur feierlichen Vergabe des Roman Brodmann Preises.