Die Toten Hosen © WDR/EcoMediaTV/Carolin Ubl

Happy Birthday, Tote Hosen: Doku-Filme zum 40. Geburtstag

Am 10.04.1982 spielten Die Toten Hosen ihr erstes Konzert. 40 Jahre später ist die Truppe um Campino noch immer fest im Sattel. Zum Geburtstag widmen sich der Band mehrere Dokumentarfilme, etwa „Auswärtsspiel – Die Toten Hosen in Ost-Berlin“ am 13.4.22 im Ersten.

Schon kurz nach ihrer Gründung und ordentlich auf Krawall gebürstet unternehmen Die Toten Hosen eine Reise der etwas anderen Art nach Ostberlin. Die westdeutschen Punker wollen dort mit der ostdeutschen Punkband Planlos um Sänger Michael „Pankow“ Boehlke und Schlagzeuger Bernd Michael Lade einen Gig spielen. Die Herausforderung dabei: Gerade diese Art von Musik wird von Staat und Stasi als ein die Gesellschaft und Moral zersetzendes „Übel“ angesehen – freie Meinungsäußerung, ein wie im Punk üblich non-konformes Erscheinungsbild und die bewusste Abgrenzung von den Maximen des DDR-Regimes können weitreichende Folgen bis hin zu einer Inhaftierung haben.

Premiere Auswärtsspiel - Die Toten Hosen © SWR/Sebastian Gabsch
Premiere Auswärtsspiel - Die Toten Hosen © SWR/Sebastian Gabsch

Premiere von „Auswärtsspiel – Die Toten Hosen in Ost-Berlin“ (Fotos: SWR/Sebastian Gabsch)

Doku „Auswärtsspiel – Die Toten Hosen in Ost-Berlin“

Der einzig gangbare Weg ist es, nach der Einreise unter falscher Flagge („Wir wollen uns einfach mal die Hauptstadt der DDR anschauen.“) einen Geheimgig in einer Berliner Kirche zu spielen – getarnt als „kirchliche Veranstaltung mit musikalischer Untermalung“. Produzent und Musiker Mark Reeder erinnert sich an die Organisation des illegalen Auftritts: „Dann […] habe ich den Pfarrer gefragt, ob das möglich sei, dass ich so einen Gig machen kann. Er meinte, das ist kein Gig, das ist ein Gottesdienst. Sie müssen beten. […] Ich wusste es, dass das extremst verboten war und dass es richtig Schwierigkeiten geben konnte.“

Archivmaterial, Interviews und AnimaDok

„Auswärtsspiel – Die Toten Hosen in Ost-Berlin“ lässt die „Mischung aus Angst, Abenteuerlust und das Spüren einer revolutionären Kraft“ (Campino), die alle Beteiligten selbst 40 Jahre später noch sichtbar bewegt, erneut aufleben. Sein Pfund ist die gleichzeitig unterhaltsame wie erhellende Mischung aus seltenem Archivmaterial (u. a. Film- und Foto-Aufnahmen des Überwachungsapparats der DDR), Interviews und animierten Comic-Sequenzen – und das bei fast vollständiger Ermangelung von plumper Lobhudelei. Man muss Die Toten Hosen und ihre Musik also noch nicht einmal mögen oder gar feiern, um den Dokumentarfilm handwerklich wie inhaltlich klasse zu finden.

Diktatur vs Meinungsfreiheit

Selbst einen Stasi-Offizier lässt Regisseur Martin Groß zu Wort kommen. Schnell wird klar: Seine Sicht der Dinge geht noch lange nicht mit einer Einsicht einher. Die Geschichte habe ihn eben auf die Verliererseite gestellt, betont er, es hätte ja auch anders kommen können. Schön ist das nicht, aber dass es diese Statements trotzdem in den Film geschafft haben, untermauert, dass die journalistische Sorgfaltspflicht in der Recherche und Darstellung gegriffen hat. So ist das eben mit der Realität und Meinungsfreiheit in einem Land, das keine Diktatur ist: Man muss nicht alles gut finden und längst nicht jede Haltungen teilen – das Weglassen, Beschönigen, Ausblenden, Verbieten wären aber keine Alternativen.

Die Toten Hosen © WDR/EcoMediaTV/Carolin Ubl
Die Toten Hosen © WDR/EcoMediaTV/Carolin Ubl

Zurück am Ort des Geschehens: Die Toten Hosen in der Erlöserkirche (Fotos: SWR/ECO Media/Carolin Ubl)

Deutlich angenehmer als der Stasi-Offizier bleibt die Wiedersehensfreude der Musiker und ihrer Weggefährten in Erinnerung. Als Planlos und Die Toten Hosen (Campino, Andi, Breiti, Kuddel und der „neue“ Drummer Vom Ritchie) nach so vielen Jahren erneut aufeinandertreffen, gehört das zu den schönsten Momenten des Films, der mit einem erneuten Gig der Toten Hosen in der Kirche endet. Freudentränen inklusive.

Erstausstrahlung am 13.4.2022, in der ARD Mediathek als Serie

„Auswärtsspiel – Die Toten Hosen in Ost-Berlin“, eine Produktion von ECO Media im Auftrag von SWR (Federführung), RBB, NDR, ist als 75-minütiger Dokumentarfilm erstmals am 13.4.2022, 22:50 Uhr, in Das Erste zu sehen. Bis 10.7.2022 zudem als dreiteilige Dokuserie in der ARD-Mediathek verfügbar.

Filmstill aus "Weil du nur einmal lebst - Die Toten Hosen" © WDR/avanti media fiction GmbH
Filmstill aus "Weil du nur einmal lebst - Die Toten Hosen" © WDR/avanti media fiction GmbH

Die Toten Hosen hinter und auf der Bühne während ihrer Tour 2017/18 (Fotos: WDR/avanti media fiction)

„Weil Du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour“

Auch in „Weil Du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour“ wird’s laut und ehrlich. Cordula Kablitz-Post nimmt die Zuschauer:innen bei der großen 2018er „Laune der Natour“-Konzerttournee der Toten Hosen backstage. Sie zeigt die weltweit eingeschworene Gemeinschaft, die Band und Fans gleichermaßen umfasst, den Alltag unterwegs, aber auch schwere Stunden wie Campinos Hörsturz. Die Konzertregie hat Paul Dugdale, der vor allem für Musikvideos klangvoller Namen (u. a. Adele „Live at the Royal Albert Hall“, Ed Sheeran „Live at Wembley Stadium“, The Rolling Stones „Havana Moon“) und Werbefilme bekannt ist.

„Weil Du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour“ war – neben etlichen Konzertmitschnitten – pünktlich zum Band-Geburtstag am 10. April im WDR Fernsehen zu sehen und steht nun noch bis zum 10. Mai 2022 online in der ARD Mediathek.

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Elisa Reznicek leitet die Online-Redaktion beim Haus des Dokumentarfilms und ist für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Hauses zuständig.
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