DocsForEquality Mindjazz Pictures

„Docs For Equality“: Doku-Reihe zum Thema Gleichstellung

Unter den Themen, die mindjazz pictures mit „Docs For Equality“ adressiert, sind Gender Equality, Diversität und der Wandel gesellschaftlicher Strukturen. Titel wie „Picture A Scientist“, „Trans – I Got Life“ oder „Woman“ laden dabei zum Diskurs ein.

Holger Recktenwald von mindjazz picturesHolger Recktenwald, Geschäftsführer von mindjazz pictures, spricht im Interview mit Elisa Reznicek vom Haus des Dokumentarfilms über die Hintergründe und Ausrichtung der neuen Doku-Reihe. Diese ergänzt das Portfolio des breit aufgestellten Kölner Filmverleihs, der nach eigener Aussage sowohl unterhalten als auch Fragen aufwerfen und neue Perspektiven anbieten möchte.

Elisa Reznicek: In „Picture A Scientist“ wird davon gesprochen, wie wichtig Frauen in einer Vorbild- und Vorreiterfunktion, zum Beispiel im wissenschaftlichen Bereich, sind. Inwieweit kann der Dokumentarfilm Ihrer Meinung nach zu dieser Sichtbarmachung beitragen?

Holger Recktenwald: Wir wissen, dass Vorbilder gerade für Mädchen und junge Frauen eine enorme Bedeutung haben. Werden diese medial zum Beispiel in Social Media oder auf YouTube aufgegriffen, handelt es sich in aller Regel nur um kleine Ausschnitte und Informations-Häppchen. Dokumentarfilme können sie dagegen in einer besonders konzentrierten Form in die Öffentlichkeit bringen, weil sie sich einer Sache eingehender widmen. Besonders Kinoproduktionen haben dabei die Chance, starke Bilder und Emotionen auf der großen Leinwand zu liefern. Und sie bieten die Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen – entweder individuell oder bei Veranstaltungen mit den anderen Menschen im Saal. Sie laden dazu ein, verschiedene Erfahrungen miteinander zu teilen, was ich persönlich sehr wichtig finde, denn althergebrachte Rollenbilder können so ein Stück weit aufgelöst werden.

Filme wie „Trans – I Got Life“ und „Woman“, die ebenfalls in der Reihe „Docs For Equality“ zu finden sind, setzen der oftmals vorherrschenden männlich dominierten, weißen, heterosexuellen Kultur eine Menge entgegen. Wie ist ihr Gefühl generell: Müssen Dokumentarfilme noch diverser werden?

Wir sind eine heterogene Gesellschaft, in der Diversität zunehmend in der Praxis gelebt wird, und sollten die gesellschaftlichen Dimensionen entsprechend abbilden. Ich glaube, dass das schon ein Stück weit automatisch passiert, weil gerade ein entsprechender evolutionärer Prozess stattfindet. Dass dem so ist, ist auch den Debatten geschuldet, die rund um das Thema geführt wurden. Wir profitieren davon, dass sich Bewegungen dafür stark gemacht haben, dem Anliegen Gehör und Sichtbarkeit zu verschaffen. Als Verleih bekommen wir beispielsweise immer mehr „diverse“ Projekte angeboten. Hierbei geht’s übrigens nicht um einzelne Positionen wie die Hauptcharaktere vor der Kamera – die unterschiedlichsten Menschen konzipieren Dokumentarfilme und sind an ihnen beteiligt.

Der Einsatz für „Gender Equality“, „Female Empowerment“ oder eine gendergerechte Sprache wird von etlichen Leuten als „Gendergaga“ verunglimpft. Ist es Ihnen als Verleih vielleicht auch deshalb so wichtig, Gleichstellungsthemen gebündelt in einer Reihe zu konzentrieren, um den ewig Gestrigen etwas entgegenzusetzen?

Ich arbeite als Verleih nicht gegen etwas, sondern immer für etwas. Von daher orientiere ich mich nicht an Strömungen, die gegen eine Entwicklung sind, die ich ganz anders betrachte und abbilden möchte. Der Auslöser für die Filmreihe war für uns vielmehr das erste Corona-Jahr. 2020 wollten wir eigentlich innerhalb weniger Monate mit „Woman“, „Das Wunder von Taipeh“ und „Jenseits des Sichtbaren. Hilma af Klint“ drei starke Filme ins Kino bringen – doch dann kam die Pandemie und hat uns alle Pläne zerschossen. Also haben wir überlegt, was wir tun können, um den Filmen doch noch die Reichweite zu bescheren, die sie verdient haben.

Bei „Docs for Equality“ konnten wir mit Institutionen und Universitäten zusammenarbeiten, die coronabedingt viele Veranstaltungen online angeboten haben. Darauf haben wir gute Resonanz erhalten. Zukünftig wollen wir noch weitere Themenreihen konzipieren und begleiten. Die darin enthaltenen Filme können, aber müssen nicht alle von den Partnern genutzt werden. Andere Verleihe haben ebenfalls gute Produktionen, die sich auf Wunsch ergänzen lassen. Wir wollen mit der jeweiligen Reihe einfach „nur“ den Anstoß liefern

Soll die Reihe „Docs for Equality“ zukünftig um weitere Filme ergänzt werden?

Ja, natürlich. Denn gerade 2022 haben wir Releases, die thematisch sehr gut passen. Wir werden beispielsweise den Film „The Case You“ ins Kino bringen, der auf Festivals bereits sehr breit diskutiert wurde. Wir möchten parallel mit Produzenten, Förderern, Casting-Agenturen und ähnlichen Gewerken zusammenarbeiten, um daraus im besten Fall ein Modell zu entwickeln, über das man diskutieren kann. Eine wichtige Frage ist: Inwieweit können wir sexualisierte Übergriffe und sexualisierten Missbrauch verhindern, indem wir Settings schaffen, die es möglich machen, in der Filmlandschaft besser zu arbeiten?

Die geschilderten Erfahrungen in „Picture A Scientist“ gingen mir persönlich sehr unter die Haut. In dem Dokumentarfilm wurde nichts beschönigt, aber auch nicht das Opfernarrativ bedient. Vielmehr wurde sehr eindringlich aufgezeigt, dass struktureller Wandel durch Engagement, Mut und Beharrlichkeit durchaus möglich ist. Hier sehe ich Parallelen zum gerade angesprochenen „The Case You“ …

Ja, das stimmt. Filme sind nicht nur dazu da, Zustände darzustellen oder vielleicht sogar Opferbeschreibungen zu generieren. Es liegt im Interesse der Regie und Produktion Kommunikationspunkte zu schaffen und mögliche Ansätze aufzeigen, wie sich alle potenziell Beteiligten einer Situation miteinander verändern können. Das fängt bei einem wertschätzenden Umgang an und hört bei einem gesteigerten Bewusstsein für gewisse Aspekte auf.

Übertragen auf die Gewerke in Film-Produktion und Auswertung greift dieses Prinzip ebenfalls. In einem Bereich wie „Green Producing“ klappt das schon ganz gut. Hier wurden Rahmenbedingungen geschaffen, die erfüllt werden müssen und als solche von Partnern und Förderern anerkannt werden. So etwas könnte ich mir auch gut für andere Bereiche vorstellen, in denen Handlungsbedarf besteht. Die Zeit wäre also gut investiert. Und Spaß macht so ein Austausch auch noch!

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Picture of Elisa Reznicek
Elisa Reznicek war für die die Online-Redaktion und die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Hauses zuständig.
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