Das Mächen, das Gespenst und die Berge: Die Schweizer Regisseurin Alice Schmid ist mit Filmen über Kinder bekannt geworden. Als sie 2012 in »Die Kinder vom Napf« das ungewöhnliche Leben der Bergbauernkinder in ihrer Heimat einfing, fiel ihr ein siebenjähriges Mädchen auf, das sie zur Protagonistin ihres nächsten Projekts machte: Laura Röösli. Die einzige Tochter einer Köhlerfamilie ist mit ihren Träumen, Ängsten und ihrem Tagebuch allein, bis eines Tages ein Junge aus der Stadt zum Landdienst kommt. 3sat zeigt »Das Mädchen vom Änziloch« noch bis zum 21. Juli 2018 in seiner Mediathek.
Das sagenumworbene Änziloch ist eine tiefe Felsschlucht im Napfgebiet in den Emmentaler Alpen. Unter den Einheimischen gilt die Devise, dass es im Änziloch spukt, und freiwillig geht man dort nicht hinunter.
Die zwölfjährige Laura, die mit ihren Eltern und Brüdern auf einem nahegelegenen Hof wohnt, ist fasziniert von den Geschichten, die zum Änziloch erzählt werden. In den langen Sommerferien auf dem abgelegenen Hof kreisen ihre Fantasien ständig um die tiefe Felsschlucht. Fasziniert geht sie immer wieder an den Rand des Abgrundes, um den Geräuschen zu lauschen, die aus der Tiefe dringen. Doch es gibt viel zu tun auf dem Hof, und ihre Eltern und älteren Brüder arbeiten hart. Auch Laura hilft mit. Sie versorgt Tiere, sieht mit an, wie ihr Großvater und die Brüder das Kaninchen mit dem schönen weißen Fell schlachten, pflegt ihr Pony, dessen Bein nicht mehr heilen will, und hilft auch beim Köhlern mit. Gesprochen wird in der Familie wenig, ihre Gedanken teilt Laura ihrem Tagebuch mit.
»Das Mädchen vom Änziloch« (3sat-Mediathek)
(Video laut Sender abrufbar bis 21. Juli 2018)
Bis ein Junge aus der Stadt als Erntehelfer kommt und sie endlich einen Gesprächspartner hat. Den Legenden vom Änziloch steht der aufgeklärte Junge aus der Stadt allerdings skeptisch gegenüber. Laura lernt jedoch viel von ihm und schöpft Selbstvertrauen. Als er wieder wegfährt, nimmt Laura die Erforschung der Sagen selbst in die Hand und erkundigt sich bei einer Nonne, die als einzige in ihrer Jugend einmal im Änziloch war.
Mit ihrem einzigartigen Gespür für Kinder hat die Filmemacherin Alice Schmid das Porträt eines Mädchens geschaffen, das in einer isolierten Welt lebt und von allen unterschätzt wird. Lauras Fantasien und Ängste drehen sich nicht nur um das angebliche Gespenst in der Schlucht. Das Mädchen ahnt auch schon, dass das Leben mehr für sie bereithalten mag als nur die Berge, die Bäume, das Vieh. Oft sieht man sie, wie sie mit einem Fernglas Nahes und Fernes erkundet. Mal das Ungeheuerliche in der Schlucht, mal das Wespennest im Stall. Ein anderes Mal steht sie im Gewitterregen und schreit vor kindlicher Freude. Das nächste Mal schreibt sie in ihre Tagebuch: »Ich an mir am liebsten meine Dickheit wegzaubern.« Alice Schmid fängt Bilder aus einer mystischen Zeit zwischen Kindheit und Erwachsenwerden und kann sich dabei auf eine unglaubliche Protagonistin verlassen.