Szene aus »Hundesoldaten« @ SWR, Filmakademie BW

»Hundesoldaten« von Lena Leonhardt

Der an der Filmakademie Baden-Württemberg entstandene Dokumentarfilm »Hundesoldaten« war Teil der 16. Staffel »Junger Dokumentarfilm« des Südwestrundfunks. Wenige Monate nach der Erstsendung wurde Regisseurin Lena Leonhardt mit dem Grimme-Preis für diesen Film ausgezeichnet. Ausgangspunkt zu dem Film war ein Zeitungsartikel über die Bundeswehrhundeschule, auf den Lena Leonhardt bei ihrer Suche nach einem Thema für ihren Abschlussfilm stieß. 3sat zeigt ihn bis 25. März 2018 in der Mediathek des Senders.

 
Szene aus »Hundesoldaten« @ SWR, Filmakademie BW
Szene aus »Hundesoldaten« @ SWR, Filmakademie BW

Bei der Bundeswehr gibt es eine eigene Hundeschule. Hunde, die schon als Welpen an Gewehrfeuer gewöhnt werden, lernen wie eine Waffe zu agieren. Soldaten lernen, diese zu bedienen. Lena Leonhardt begleitete für ihren Abschlussfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg diesen Prozess mit der Kamera. Von der Geburt eines Wurfes bis zum ersten Einsatz begleitet sie die Hunde und die Menschen. Sie gehen eine spannende Beziehung ein. Denn im Dienst müssen sie perfekt als Kampfmaschine funktionieren. In der Freizeit müssen sie abschalten – beide.

Der Film lief 2016 im Deutschen Wettbewerb bei DOK Leipzig. Rund eine Woche vor der Erstausstrahlung im Fernsehen präsentierten damals das Haus des Dokumentarfilms und Kinokult im Ludwigsburger Kino Caligari den an der Filmakademie Baden-Württemberg entstandenen Dokumentarfilm.


»Hundesoldaten« (3sat-Mediathek)

(Video laut Sender abrufbar bis 25. März 2018)

Ausgangspunkt war ein Zeitungsartikel über die Bundeswehrhundeschule, auf den Lena Leonhardt bei ihrer Suche nach einem Thema für ihren Abschlussfilm stieß. Sie wollte wieder etwas zum Verhältnis von Mensch und Tier drehen. Es folgte eine erste Kontaktaufnahme und eine viel Überzeugungsarbeit, bis die Dreharbeiten genehmigt wurden.

Das Problem ist nicht neu: die Bundeswehr hat schon öfters Probleme gehabt, wenn Externe auf interne Prozesse schauen und diese dokumentieren möchten. Beispielsweise führte »Feldtagebuch« von Aelrun Goette 2002 zu disziplinarischen Maßnahmen gegenüber den Ausbildern. Ein zweites »Feldtagebuch« wollte beim Militär niemand. Doch Lena Leonhardt konnte sie überzeugen und verbrachte zunächst einmal einige Zeit in der Kaserne ohne Kamera und ohne Team, um die Strukturen kennenzulernen. Sie hatte Drill erwartet, dass es bei der Ausbildung der Hunde und ihrer Hundeführer aber auch darum ging, eine enge Beziehung zwischen den beiden aufzubauen, hat sie überrascht. Diese Beziehung zwischen Kampfhund und Schmusehund wollte sie zum Thema machen. Bei den Recherchen hatte sie auch einige Soldaten kennengelernt, mit denen sie ungern gedreht hätte.

Im Prinzip war es Zufall, mit welcher Ausbildungsgruppe sie drehen konnten und ein Jahr begleiteten. Sie hätte beispielsweise gerne auch Frauen in der Gruppe gehabt, aber dies hat sich nicht ergeben. Auch gab es keinen aktuellen Einsatz der ausgebildeten Hunde. Von daher begleitet sie sie praktisch von der ersten Begegnung von Hund und Tier bis zum Ende der Ausbildung. Im sehr langen Vorspann zeigt sie die Geburt eines Wurfes und die erste Gewöhnung an Krach, Schüsse und spezielle Aufgaben. Zunächst war die Gruppe durchaus skeptisch gegenüber dem Filmprojekt, doch durch die lange Anwesenheit des kleinen Teams (Regie, Kamera, Ton) öffneten sich ihre Protagonisten zunehmend.

Kameramann Sebastian Bäumler drehte mit Festbrennweiten und nicht mit Zoom. Von daher musste er nah am Geschehen sein. Bis auf die ästhetischen Slow-Motion Aufnahmen wurden alle Aufnahmen im Alltag gedreht. Dabei dürfte das Team nicht stören und sich vor allem nicht in die Kommunikation zwischen Hundeführer und dem Hund einmischen. Die Tiere sollten sich voll auf ihr Herrchen konzentrieren. Sie nahmen zum Teil offen Stellung zu kritischen Punkten in der Armee und ihrem weltweiten Einsatz. Auf diese Passagen verzichtete Leonhardt letztlich, um ihre Protagonisten nicht zu beschädigen. Im Schnitt fiel auch die Entscheidung für den essayistischen, zum Teil philosophischen Kommentar, der von Jeanette Hain gesprochen wurde. Denn dadurch konnte die Regisseurin die Bilder in einen größeren Kontext stellen, sich kritische Anmerkungen erlauben und Zusammenhänge herstellen, die sonst nur schwer verständlich gewesen wären. Einige Zuschauer lobten speziell die Qualität des Kommentars. Der Film ist weit davon entfernt, ein Werbefilm für die Bundeswehr zu sein, wie ein Kritiker ihm in Leipzig vorwarf. Dazu zeigt er die Ausbildungssituation zu realistisch. Deshalb war für das Team des Films die Abnahme in der Hundeschule sehr spannend. Die Vorführung vor der Kommandantin und ihrem Stab verlief konzentriert und in absoluter Stille. Danach war die Kommandantin jedoch mit dem Film einverstanden und keiner wagte ihr zu widersprechen.

Leonhardt macht auch einen historischen Exkurs zur Verwendung von Hunden beim Militär, die eine lange Tradition hat. Die Archivaufnahmen zu finden war nicht das Problem, allerdings waren einige so teuer, dass sie doch nicht genommen werden konnten, wie Produzent Peter Kuczinski bei der »DOK Premiere« des Hauses des Dokumentarfilms erwähnte. Er erläuterte auch das Modell des Jungen Dokumentarfilms, bei dem die Filmakademie Baden-Württemberg bei der Finanzierung mit dem SWR und der MFG Filmförderung zusammenarbeitet; er hatte vor allem die Aufgabe, dass am Ende ein fertiger Film geliefert werden konnte.

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Kay Hoffmann
Dr. Kay Hoffmann ist Studienleiter Wissenschaft im HDF und Gesamtkoordinator des DFG-Projekts „Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1945-2005“. Zusätzlich ist er seit langem Kurator der erfolgreichen DOK Premieren in Ludwigsburg.
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