TV-Tipp 12.12.: Bei allen krummen Sachen dabei

Wie kommen Steuerflüchtlinge, Schwarzgeldwäscher, korrupte Staatschefs eigentlich in ihr Off-Shore-Finanzparadies? Sie nutzen die Dienste einer Bank mit »speziellen Finanzdienstleistungen«. Als führendes Haus, das »bei allen krummen Sachen dabei ist«, benennt der Dokumentarfilm »Die Skandalbank« (am Dienstag als Erstausstrahlung bei Arte) die in Hongkong sitzende HSBC. Ein zutiefst beunruhigender Film über die hässlichste Fratze des Kapitalismus.

Arte, 20:15 Uhr: Die Skandalbank

Das Zeugnis, das der französische Filmemacher Jérôme Fritel in seinem Film »Die Skandalbank« der britischen HSBC, der Hongkong und Shanghai Banking Corporation, ausstellt, ist vernichtend: »HSBC ist bei allen krummen Sachen dabei.« Der 2016 für Arte France produzierte Dokumentarfilm ist ein schockierendes Dokument darüber, wie ein weltweites Netzwerk für Geldwäsche funktioniert – und dabei von zahlreichen Staaten gedeckt wird.

»Too Big To Jail« sagt man über Großunternehmen, die sich Geschäftspraktiken erlauben können, die auf das permanente Umgehen oder das Brechen von Regeln und Gesetzen ausgerichtet sind. Zu groß für eine Gefängnisstrafe. Ordnungsgelder, Bußgelder, Ermahnungen und öffentliche Zurechtweisungen – davon gibt es rund um das Geschäftsbegahren der Bank viele. Doch die Folgen sind wohl andere, als eigentlich gedacht. Ist der Ruf erst einmal ruiniert, kann man damit gute Geschäfte machen. Sehr gute, sogar. Man kennt das ja von der Landwirtschaft. Dort, wo es am meisten stinkt, ist auch am meisten los. »Die meisten Milliardäre in Hongkong«, sagt zufrieden lächelnd ein glücklicher HSBC-Kunde im Film, »haben ihren Reichtum HSBC zu verdanken.«

Der Erfolg der Hongkonger Bank hat auch mit der Globalisierung zu tun und mit dem Wandel der Märkte. Es gibt schon seit längerer Zeit eine Verschiebung von der westlichen Welt nach Asien. Und davon profitiert die HSBC, denn sie ist, wie es im Film treffend heißt, »die asiatischste unter den westlichen Banken oder auch die westlichste unter den asiatischen Banken«. Mit dem Firmensitz in der ehemaligen britischen Kolonie Hongkong, heute der kapitalistischste Dreh- und Angelpunkt im Handel mit China und Asien, hat die HSBC eine besondere Stellung. »Westliche Geschäftsleute wenden sich besonders gerne an die HSBC«, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter der Bank und berichtet weiter, dass auch schon körbeweise ausländisches Geld in die Filialen getragen wurden.

Gegründet wurde das Finanzhaus vor eineinhalb Jahrhunderten – bezeichnenderweise von Opiumschmugglern. Und auch die heutigen Großkunden wie die Mafia, Steuerflüchtlinge und an Geldwäsche interessierte Reiche sind es, die Jérôme Fritel und Marc Roche als die Hauptprofiteure der »speziellen Finanzdienstleistungen« des Bankhauses benennen. Ihr Urteil über die Bank belegen sie mit Dutzenden Zeugenaussagen in ihrem aufwändig recherchierten Dokumentarfilm. Wieso, fragt man sich als Niemand in diesem Irrsinn des Finanzhorrors, hat das keine Folgen?

Die beiden Autoren hatten vor fünf Jahren mit ihrem Dokumentarfilm »Goldman Sachs – Eine Bank lenkt die Welt« schon einmal dargelegt, wie der Großkapitalismus zur Geisel des Marktes geworden ist. Nun legen sie in diesem beunruhigenden Film dar, wie eine Privatbank den Kapitalismus mit seiner hässlichsten Fratze ausstattet. Vor allem die Folgenlosigkeit des Geschäftsgebahrens ist mehr als nur ein Skandal. Behören und Richter scheinen vor dem Imperium zu kapitulieren. Gut gehen kann das allerdings nicht. Auf lange Sicht auch nicht für die »oberen Zehntausend«, die sich heute als zufriedene Kunden der Finanzgangster – den »Bangsters« – bezeichnen.

Die Fliegen auf dem Misthaufen sind vielleicht die fettesten. Aber es ändert nichts daran: sie fressen Scheiße. Und viele von ihnen enden als fette Flecken an der Wand.

Die Skandalbank
(Les Gangsters de la Finance)
Dokumentarfilm, F 2016, 87 Minuten
Regie: Jérôme Fritel
Produktion: Magneto Presse, Arte F