TV-Tipp 9.4.: Empire me – Der (manchmal irre) Traum vom eigenen Staat

Rund 500 unabhängige Ministaaten gibt es, in denen sich Individualisten, Exzentriker oder Interessensgruppen ihre eigenen Reiche geschaffen haben. Dies ist eine Tatsache, die weitgehend unbekannt ist. Der Dokumentarfilm-Regisseur Paul Poet hat in seinem Dokumentarfilm »Empire me« im Jahre 2010 ein Schlaglicht auf die Szene der Minimalst-Staaten geworfen – und damit lange, bevor in Deutschland ein Problem namens »Reichbürger« aktuell wurde. 3sat zeigt den sehenswerten Film am Montagabend.

3sat, 9.4., 22:25 Uhr: Empire me

Bis zu Paul Poets Film war es den meisten Zuschauern sicherlich völlig unbekannt, dass es auf der Welt rund 500 unabhängige Ministaaten gibt, in denen sich Individualisten, Exzentriker oder Interessensgruppen ihre eigenen Reiche geschaffen haben. Paul Poet, der eine bewegte Vergangenheit in der musikalischen Subkultur Wiens aufweist, begann 1996 mit dem Drehen von Filmen. Neben Musikvideos und Fernsehbeiträgen war sein erster Langfilm »Ausländer raus! Schliengensiefs Container« (2002), der die provokative Aktion des Ausnahmekünstlers bei den Wiener Festwochen dokumentiert.

Für »Empire Me« recherchierte Poet rund dreißig Ministaaten. Den Alltag in sechs solcher souveränen Gebiete – wahrscheinlich die Ausgefallensten – stellte er in den Mittelpunkt seines Films. »Sie entstehen aus Abenteuerlust, aus Ablehnung einer als krank empfundenen Welt, als Kunstprojekt, als Kommune im Dienste der Selbstbefeiung, als Versuch gelebter Utopien. Und manchmal geht es auch um Geld, wie bei der zuerst vorgestellten Mikronation Sealand«.

Eines davon wurde wurde auf einer ehemaligen britischen Seefestung 10 Kilometer vor der englischen Ostküste gegründet. Es diente ab 1967 als Basis für einen Piratensender. Jetzt gibt es Überlegungen, es als Paradies für Steuerflüchtlinge umzuwandeln. Der berühmt gewordene Freistadt Christiania in Kopenhagen mit seiner alternativen Kultur ist ein anderes Beispiel. Poet ist an den Menschen interessiert, die diese eigenen Staaten aufbauen und gegen Widerstände verteidigen. Einige verlieren sich in klein karierten Ritualen und fühlen sich als richtige Fürsten, wenn morgens die eigens kreierte Staatsflagge feierlich gehisst wird.

Mit der Distanz von inzwischen acht Jahren ist »Empire me« noch immer ein interessanter und sehenswerter Dokumentarfilm, der heute aber anders gesehen wird. Angesichts eines Zerstörers im Weißen Haus wird das Thema Globalisierung mittlerweile in Deutschland von vielen Teilen der Bevölkerung anders wahrgenommen. Ebenso haben diverse kriminelle Vorfälle um die so genannten »Reichsbürger« die Sicht auf Fantasie- und Minimalst-Staaten geschärft.

Empire me – Der Staat bin ich
Dokumentarfilm, D/A/LUX 2010, 95 Minuten
Regie: Paul Poet
Produktion: Navigator Film / gebrueder beetz filmproduktion