Andres Veiel: Schwierigere Bedingungen für Dokumentarfilmer

Auf dem traditionelle Ökumenischen Empfang während der Berlinale sind die Kirchenvertreter auf die einschneidenden Folgen der Digitalisierung eingegangen. Ehrengast war der Filmemacher Andres Veiel (u.a. »Beuys«, »Blue Box BRD«). Er berichtete von stark veränderten Arbeitsbedingungen. Langzeitbeobachtungen wie sein Film »Die Spielwütigen« seien heute kaum mehr möglich. Es werde heute »kurzatmiger gedacht«, sagte er.

»Das Kino hat im Zuge der Digitalisierung seine Möglichkeiten, die Bilder zu perfektionieren und für den Zuschauer ein immersives Erlebnis zu schaffen, beträchtlich erweitert« sagte der Vorsitzende der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart), in seinem Grußwort zum Ökumenischen Empfang. Das Gemeinschaftserlebnis sei im magischen Dunkel des Kinosaals durch nichts zu ersetzen. Durch die digitale Bearbeitung und ihre Perfektion entferne sich das Bild immer mehr von der Realität.

»Die Bilder triumphieren über die Realität«, sagte Bischof Fürst. Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, begrüßte den Ehrengast Andres Veiel. In einem Gespräch mit dem Film- und Theaterregisseur, der als einer der profiliertesten deutschen Vertreter einer politisch engagierten Kunst gilt, würdigte er dessen Arbeit: »Veiels filmisches Schaffen zeichnet sich durch einen ungewöhnlich langen Atem und eine besondere Sensibilität aus. In einer Zeit, in der immer schneller und lauter produziert wird, bewahren sich seine Dokumentarfilme einen menschlichen Blick, der in die Tiefe geht«, sagte Claussen.

Die Arbeitsbedingungen für Dokumentarfilmer sind nach Ansicht des Regisseurs Andres Veiel komplizierter geworden. »Es ist immer schwieriger, in bestimmten Bereichen unserer Gesellschaft eine Kamera aufzustellen.« In dem Gespräch ging er auf seine Filme »Die Spielwütigen«, »Black Box BRD« und »Beuys« ein. Letzerer war vergangenes Jahr im Wettbewerb der Berlinale gelaufen und hatte sich im Kinoeinsatz zu einem der erfolgreichsten deutschen Dokumentarfilme des Jahres 2017 entwickelt. Nach Ansicht von Veiel verselbstständigten sich Bilder schnell, und die Kontrolle gehe verloren. Es sei ebenfalls schwerer geworden, Langzeitbeobachtungen wie »Die Spielwütigen« (2004) durchzusetzen. Für die Dokumentation begleitete er vier Schüler der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin sieben Jahre lang durch ihr gesamtes Studium. Menschen in ihrer Entwicklung zuzuschauen, sei »eine der schönsten und interessantesten Formen von Film«, betonte er. Heute werde jedoch »kurzatmiger gedacht«.

Auf dem Empfang wurden außerdem die Mitglieder der Ökumenischen Jury der Berlinale vorgestellt. Gemeinsam von der Internationalen Kirchlichen Filmorganisation »Interfilm« und der Internationalen Katholischen Vereinigung für Kommunikation »Signis« wurde die Theologin Inge Kirsner (Ludwigsburg) zur Präsidentin berufen. Ihr zur Seite stehen der Theologe Joachim Opahle (Berlin), der Theologe Jeffrey H. Mahan (Denver, USA), die Journalistin Vesna Andonovic (Mamer, Luxemburg), die Pädagogin Winifred Loh (Singapur) und der Theologe Freek L. Bakker (Voorschoten, Niederlande). Mit dem Preis der Ökumenischen Jury, der Filme in den Sektionen Internationaler Wettbewerb, Panorama und Forum des Internationalen Jungen Films auszeichnet, werden Filmschaffende geehrt, die in ihren Werken menschliches Verhalten zum Ausdruck bringen, das mit dem Evangelium in Einklang steht oder das Publikum für spirituelle und soziale Werte sensibilisiert.